Remscheid 2022, ISBN 978-3-98527-531-1
Bücher, Aufsätze, Essays und wissenschaftliche Abhandlungen über Zeitzeugen in der politischen Bildung gibt es zuhauf. Das didaktische Material zum Einsatz von Zeitzeugen in Schule, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen ist üppig. Aber nur selten schreiben Zeitzeugen selbst über ihre Arbeit und ihre Erfahrungen. In meinem Buch geht es zum einen um den eigenen Stellenwert im didaktisch-organisatorischen Umfeld, zum anderen um die Reflexion meiner Tätigkeit als Zeitzeuge.
In der Regel handelt es sich bei DDR-Zeitzeugen um »Opfer« des SED/MfS-Regimes, besser: um Betroffene. Sie liefern ihre historische Narration, indem sie ihre Erfahrungen im Gespräch ordnen, interpretieren, deuten und konstruieren sie Geschichte. Merkmale von DDR-Zeitzeugen sind ihr Opferstatus und ihre Traumatisierung, auf denen ein wie auch immer gearteter Appell basiert. Als Protagonist des Widerstands obliegt mir ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Schließlich setze ich mich in meinen Büchern nach akademischen Maßstäben mit der DDR und dem MfS auseinander. In dieser Hinsicht sind meine Zeitzeugen-Vorträge- und Gespräche multidimensional und multifunktional.
Ein Zeitzeuge ist kein Historiker, kann aber aus eigenem Erleben Zeugnis von Ereignissen geben und ist somit eine wichtige historische Quelle. Als natürliche Person ist er ein Augenzeuge, der historische Ereignisse persönlich erlebt hat, einen Sachverhalt aufklären, überliefern und bekunden kann. Er legt Zeugnis im Sinne eines Beweises ab.
Ein Zeitzeuge, der über den SED-Staat und dessen Praktiken berichtet, vertritt keine ideologische Position, zu der distanzierte Gegenpositionen entwickelt werden könnten, sondern er berichtet von der Macht des Faktischen. Das emotionale Potenzial von Zeitzeugenberichten ist in allen Verwendungsformen präsent und kommt als didaktisches Mittel insbesondere im Schulunterricht zum Tragen. Als einer der häufig gebuchten Zeitzeugen möchte ich mit diesem Buch meine Erfahrungen zusammenfassen und dessen Stellenwert in Gegenwart und Zukunft thematisieren.